Der Farbsehtest nach Ishihara
Augenärzte, Orthoptistinnen und Augenoptiker verwenden Farbteste (auch: Farbsinnteste), um die Farbwahrnehmung eines Patienten zu überprüfen oder eine Farbsinnstörung zu diagnostizieren. Die Farbwahrnehmung ist die Fähigkeit einer Person, verschiedene Farbtöne erkennen und unterscheiden zu können. Ein Farbsinntest gibt daher Aufschluss über eine mögliche Farbblindheit (Achromasie) oder eine mögliche Farbsehschwäche (Farbanomalie).
Die Farbsinnprüfung mithilfe von Ishihara-Farbtafeln ist seit Langem ein übliches Testverfahren in der Ophthalmologie, Orthoptik und Augenoptik. Der Ishihara-Farbtest wird vor allem bei älteren Kindern und Erwachsenen eingesetzt.
Was ist der Ishihara-Farbsehtest?
Bei den Ishihara-Farbtafeln handelt es sich um einen klassischen Farbtest. Die Tafeln testen sowohl den Rotgrün- auch als den Blaugelbfarbsinn. Mithilfe dieser Sehtafeln wird eine mögliche Farbblindheit oder eine mögliche Farbsehschwäche festgestellt. Seinen Namen bekam der Ishihara-Test im Jahre 1917 durch den japanischen Erfinder und Augenarzt Shinobu Ishihara. Das Prinzip basiert auf Abbildungen von Zahlen und von Motiven, die sich aus unterschiedlich farbigen und verschieden großen Punkten auf der Farbtafel zusammensetzen. Der Kontrast zur Hintergrundfarbe der Tafel ergibt sich durch den Helligkeits- oder Sättigungsgrad des jeweiligen Farbtons.
Bei der Untersuchung eines Patienten auf eine mögliche Rotgrünschwäche werden die Tafeln ausgewählt, die Punkte in verschiedenen Rot- und Grüntönen zeigen. Personen weisen ein normales Farbsehen auf, wenn sie die Zahl bzw. das Motiv durch die Farbunterschiede korrekt benennen können. Fällt es einem Patienten schwer, die Rot- und Grüntöne der Punkte zu unterscheiden, benennt er – aufgrund der anders wahrgenommenen Farbnuancen – die Zahl bzw. das Motiv falsch. In diesem Fall ist eine Rotgrünschwäche anzunehmen. Dasselbe Verfahren wird auch bei der Testung der deutlich selteneren Blaugelbschwäche angewandt.
Wann wird ein Ishihara-Farbsehtest durchgeführt?
Eine angeborene Farbsinnstörung ist den Betroffenen meist nicht bewusst oder sie wird erst im Laufe der Kindheit entdeckt. Daher gehört eine Farbsinnprüfung bereits im Kindesalter zur Routineuntersuchung beim Facharzt. Circa 8 % aller Männer sowie 0,4 % aller Frauen weisen eine vererbte Form der Farbsinnanomalie auf. Auch im Rahmen des Führerscheinerwerbs oder bei Eignungsprüfungen bestimmter Berufsgruppen – beispielsweise bei Piloten oder Polizisten – ist eine Farbsinnprüfung fester Bestandteil. Neben den Routineuntersuchungen und Eignungsprüfungen wird der Ishihara-Farbtest außerdem durchgeführt, wenn ein Patient feststellt, dass er im Vergleich zu seinen Mitmenschen bestimmte Farben und Farbnuancen weniger deutlich unterscheiden kann. Hat dieser Patient darüber hinaus Familienangehörige mit einer diagnostizierten Rotgrünschwäche, gibt dies zusätzlichen Anlass zur Farbsinnprüfung seiner Augen.
Weitere Farbsehteste
Neben den Ishihara-Farbtafeln zur Untersuchung von Erwachsenen und älteren Kindern stehen dem Augenarzt, der Orthoptistin und dem Augenoptiker unter anderem die Matsubara-Farbtafeln zur Verfügung. Die Testtafeln zeigen einfache Motive, welche auch nonverbal bewertet werden können. Der Matsubara-Farbtest ermöglicht damit ein Screening bereits bei kleineren Kindern ab einem Alter von drei bis vier Jahren. Er wird auch vielfach bei Patienten mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten eingesetzt.
Der Farnsworth D-15 ist ein weiterer Test im Bereich der Farbsehteste. Hierbei wird der Patient aufgefordert, farbliche Hütchen oder Chips nach Farbtönen zu sortieren. Anhand des Ergebnisses lässt sich die Ausprägung einer Farbsinnstörung bestimmen.
Mittlerweile gibt es auch Farbsehteste, die online durchgeführt werden können. Solch ein Onlinefarbtest ersetzt allerdings keine augenärztliche Untersuchung und sollte auch nicht als Diagnose einer Farbsinnstörung verstanden werden. Es geht im Grunde darum, die eigene Farbwahrnehmung in einem ersten Schritt zu testen, um eventuelle Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung von Farben festzustellen. Das professionelle Urteil eines Fachmannes ist immer hinzuziehen.
Wie wird der Ishihara-Farbsehtest durchgeführt?
Bei der Durchführung des Ishihara-Farbtests sollte immer auf gute Lichtverhältnisse geachtet werden, d. h. ausreichendes Leselicht, im besten Falle natürliches Tageslicht. Denn nur eine ideal ausgeleuchtete Testumgebung ermöglicht genaue Ergebnisse. Der Augenarzt, die Orthoptistin oder der Augenoptiker legen dem Patienten nacheinander mehrere Farbsehtafeln im Abstand von ungefähr 70 bis 75 cm vor. Der Patient muss die auf den Tafeln abgebildeten Zahlen oder Motive erkennen und benennen. Die Prüfung erfolgt sowohl für beide Augen einzeln als auch beidäugig.
Die Ergebnisinterpretation ist immer gleich: Erkennt der Patient die Zahlen bzw. Motive, verfügt er über eine normale Farbsinnwahrnehmung. Bestehen Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung der abgebildeten Zahlen bzw. Motive, benennt der Patient diese also häufig zögerlich oder falsch, geht man von einem eingeschränkten Farbsehen aus. Anhand der Häufigkeit unsicherer oder falscher Antworten können Rückschlüsse auf die Ausprägung der Farbsinnstörung gezogen werden.
Die Beurteilung der Farbsinnwahrnehmung eines Kleinkindes gestaltet sich schwieriger, da kleinere Kinder nicht immer klare Antworten auf Nachfragen geben und noch keine Zahlen- oder Buchstabenreihen erkennen bzw. benennen können. In diesen Fällen entscheiden sich Augenarzt, Orthoptistin oder Augenoptiker häufig für die Matsubara-Farbtafeln. Sie zeigen einfache und bekannte Motive, wie beispielsweise Schmetterlinge oder Sterne. Diese Motive sind für Kleinkinder leicht zu erkennen und bewirken eher eine Reaktion. Der Test sollte zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden, unter anderem auch, um auf eine möglicherweise eingeschränkte Berufswahl hinweisen zu können.
Was bedeuten die Ergebnisse des Farbsehtests?
Die Ergebnisse der Farbteste geben Aufschluss über die unterschiedlichen Abstufungen der Sehschwäche und Farbblindheit:
- Rotsehschwäche (Protanomalie)
- Rotblindheit (Protanopie)
- Grünsehschwäche (Deuteranomalie)
- Grünblindheit (Deuteranopie)
- Blausehschwäche (Tritanomalie)
- Blaublindheit (Tritanopie)
Bei einer Farbblindheit unterscheidet man zwischen Monochromasie und Dichromasie. Die Netzhaut im Auge verfügt normalerweise über drei Typen von Farbrezeptoren (Zapfen), die jeweils für die Wahrnehmung von rotem, grünem und blauem Licht zuständig sind. Bei einer Monochromasie besitzt der Betroffene genetisch bedingt lediglich einen dieser Zapfen, wodurch er nur in Graustufen sehen kann. Bei ihm liegt eine umfassende Farbblindheit vor. Bei einer Dichromasie sind zwei der drei Farbrezeptoren funktionsfähig. Der Betroffene hat keine umfassende Farbblindheit. Er nimmt nur die Farbe nicht wahr, für die der dritte nicht intakte Zapfen zuständig sein sollte. Das bedeutet also, bei der Rotblindheit (Protanopie) ist der Rotzapfen gestört, bei einer Grünblindheit (Deuteranopie) wiederum der Grünzapfen und bei einer Blaublindheit (Tritanopie) der Blauzapfen.
Bei einer Farbsehschwäche wird zwischen Protanomalie (Rotschwäche) und Deuteranomalie (Grünschwäche) unterschieden. Diese Art der Farbfehlsichtigkeit kommt bei Männern – wie bereits erwähnt – häufiger vor als bei Frauen. Die dritte Form, die Tritanomalie (Blauschwäche), tritt hingegen deutlich seltener auf.
Abgesichert wird das Testergebnis eines Farbsehtests durch eine Untersuchung mit dem Anomaloskop. Ein Anomaloskop ist ein Spektralfarbenmischapparat. Hierüber lässt sich eine genaue Klassifizierung der Farbsinnstörung vornehmen, die häufig auch für gutachterliche Fragen von Bedeutung ist.
Welche Therapieformen gibt es bei einer Farbsinnstörung?
Eine diagnostizierte Farbsinnstörung ist aktuell nicht behandelbar. Insbesondere für die angeborene Farbblindheit existiert derzeit noch keine Therapiemöglichkeit. Bei geringer Ausprägung macht sich eine Störung des Farbsehens jedoch kaum bemerkbar. Betroffene bemerken diese oftmals gar nicht von selbst, sondern erfahren davon erst durch einen entsprechenden Sehtest. Ihre veränderte farbliche Wahrnehmung der Umwelt ist sehr gering. Problematisch wird eine Farbsehstörung, wenn es um die Eignungsprüfung für bestimmte Berufe geht, die ein intaktes Farbsehen erfordern.